Grundlegende Bodenarbeit
Ich habe für den „Isi-Rider“, die Verbandszeitung des IPZV Südbayern, eine Serie zum Thema Grundlegende Bodenarbeit veröffentlicht. Diese ist jetzt mit der kommenden Ausgabe abgeschlossen. Ich möchte sie Euch hier nach und nach zur Verfügung stellen, ich finde die Artikel teilweise besser, als die entsprechenden Stellen in meinem Buch. 🙂
Grundlegenge Bodenarbeit: Das Stellen im Stand
Das Stellen im Stand
Ich möchte euch in einer Mini Serie die wichtigsten Elemente der Jungpferdeausbildung, vor allem am Kappzaum, vorstellen. Natürlich sind sie auch phantastisch zur Korrektur von Problemen bereits gerittener Pferde geeignet.
Den Anfang soll das „Stellen im Stand“ machen, es folgt „Führen auf Distanz“, dann das „Führen in Stellung“ evtl. gemeinsam mit dem Schulter herein, den Abschluss bildet das Travers.
Exkurs: Warum Bodenarbeit ?
Pferdeausbildung besteht aus hunderten Puzzleteilchen. Eines der elementarsten ist aber die Geraderichtung, ohne Geraderichtung keine wahre Losgelassenheit, kein Takt, keine gleichmäßige Anlehnung, kein korrekte Schwungübertragung, keine reelle Versammlung… keine Balance!
Sehr viele Probleme im Reitalltag begründen sich in mangelnder Geraderichtung. Die allgemein übliche Grundausbildung eines Pferdes besteht in etwa aus drei Teilen: Halfterführigkeit, ausgebundenes Longieren, Gewöhnung an Ausrüstung und den Reiter.
Hier bestehen meines Erachtens massive Brüche im System.
In der Schule wird auch nicht vom Erlernen einzelner Buchstaben zu ganzen Sätzen übergegangen. In der Pferdeausbildung schon. Die Pferde haben nicht gelernt, was „Hilfen“ bedeuten bis zu dem Augenblick, in dem das sie das erste mal geritten werden.
Das muss zu Missverständnissen führen, Missverständnisse führen zu Einsatz von Kraft und Hilfszügeln von Seiten des Reiters, sowie Frustration bei allen Beteiligten mittels systematische, grundlegende Bodenarbeit am Kappzaum lernt das Pferd in ganz kleinen logischen Schritten, zuerst einzelne Buchstaben, dann Wörter, dann ganze Sätze.
Der Reiter steigt schließlich auf ein Pferd zum ersten mal auf, das mit den Zügelhilfen etwas anfangen kann, das bereits weiß, was Stellung und Biegung bedeuten, das die Seitengänge kennt, das „sich- selbst- bewusst“ ist, sich gut koordinieren kann und gelernt hat, über den Rücken zu laufen und welches schon relativ gerade ist…wunderbar!
Grundlegende Bodenarbeit: Die Stellung im Stand in der Praxis
Am Boden
Die Stellung ist der kleinste gemeinsame Nenner jeglicher Lektion und sie ist mein ZUGANG zum Pferd. Bleibt mir dieser verwehrt, bleibt alles immer schwierig.Deshalb ist das Stellen im Stand für mich die Mutterübung überhaupt.
Voraussetzungen:
- eigentlich keine, gut ist ein Ort, an dem sie halbwegs Ruhe haben, denn diese Übung erfordert, dass das Pferd mit seiner Konzentration bei Ihnen ist.
- Bei Pferden, die Probleme haben mit dem Genick, sich also schwer tun mit dieser Übung, ist es sehr hilfreich mit einem eher tiefen Hals zu beginnen. Eng verbunden mit diesem Thema ist das Stichwort Ganaschenfreiheit. Gerade der Isländer neigt zu kurzen dicken Hälsen mit wenig Ganaschenfreiheit. Reiten mit zu enger Halseinstellung und auch grobes schnelles hin und her Stellen kann durchaus schmerzhaft sein. Die Beweglichkeit im Genick kann verbessert werden, die Ganaschenfreiheit erhöht, das muss aber gefühlvoll, langsam und systematisch geschehen.
Schon Steinbrecht wusste:
„Widrige Hälse gewinnen erst nach langer mühsamer Arbeit in der tiefen Stellung die Fähigkeit , die oberen Wirbel genügend zu biegen, um in der Aufrichtung die Herbeizäumung des Kopfes zu erhalten.„
Die Ausrüstung in der grundlegenden Bodenarbeit: entweder ein Kappzaum oder am Zaumzeug
- Ausgangsposition: Sie stehen, am besten mit ganz leicht gebeugten Knien vor ihrem Pferd, das Longenende in einer Hand, mit der zweiten Hand ergreifen sie die Longe sehr nah am Pferdekopf bzw. Kappzaum.
Ist ihr Pferd mit einem Zaumzeug ausgerüstet, liegen die Zügel über dem Hals und sie greifen mit beiden Händen in die Trensenringe. - Bei der Kappzaumvariante bewegen sie nun den Kopf des Pferde sanft aber fließend von der einen Seite zur anderen, immer darauf achtend, dass die Ohren auf der gleichen Höhe bleiben, das Pferd sich also nicht verwirft.
Benutzen sie bei dieser Übung eine Trense, so führen sie den Pferdekopf mit dem Griff in die Trensenringe von rechts nach links und zurück. Bewährt hat sich hier, den jeweils „äußeren“ Trensenring also den der Stellung abgewandten Seite nach vorne in Richtung der Stellung zu „kippen“. - Ab und an empfiehlt es sich, die Position zu ändern, um genauer arbeiten zu können. Stellen sie sich neben ihr Pferd und holen den Kopf ihres Pferdes entweder durch sanften Zug am Kappzaum oder durch Annehmen des inneren Zügels in Stellung oder auch in etwas mehr Halsbiegung. Mir der anderen Hand können sie den Hals etwas massieren und so etwaige Blockaden am Hals etwas lösen.
- Die (Kopf-) Stellung hat sich korrekterweise als Biegung im Pferdekörper fortgesetzt wenn die gleichseitige Hüfte „reinschwenkt“.
Das Stellen im Stand aus dem Sattel
Sehr effektiv ist es auch in der grundlegenden Bodenarebti, das Stellen im Stand in den Sattel zu transportieren. Man kann dies immer wieder einschieben, wie Ludwig Hünersdorf dies bereits 1791 beschrieben hat. Ein guter Zeitpunkt hierfür ist aber immer auch gleich nach dem Aufsitzen.
„Bei der Gelegenheit also, wo man das Pferd angehalten hat, um es ausruhen zu lassen, oder ehe man es weggibt, bemüht man sich, ihm den Kopf und Hals einwärts zu biegen. An der Geschmeidigkeit des Halses ist so viel gelegen, dass wir die geschicktesten Reiter (…) ihre Pferde täglich hierin üben sehen.“
Ludwig Hünersdorf Anleitung zu der natürlichsten und leichtesten Art Pferde abzurichten, 1791
Bei der Gelegenheit lässt sich im Übrigen auch gleich der „Schenkelgehorsam“ in aller Ruhe abfragen: Stellen sie ihr Pferd auf eine Seite und geben dann auf der gleichen Seite einen seitwärts treibenden Impuls. Das Pferd sollte, ähnlich des Wenden um die Vorhand, mit der Hinterhand ein paar Schritte weichen. Im Stand darf Stellung gerne zu Gymnastikzwecken einer deutlichen Halsbiegung ausgebaut werden, ganz gleich ob vom Boden aus oder aus dem Sattel. In der Bewegung ist ein Zuviel an Stellung und Biegung kontraproduktiv, behindert Schulter und Hinterbein.
Das Ergebnis dieser Übungen im Stand ist immer ein deutlich lockereres Pferd, ganz gleich ob sie noch reiten oder longieren möchten. Lockerer bedeutet, es ist ein Arbeiten mit weniger Handeinwirkung möglich.
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